„Im Jahre 1910 wurde auf einem von der Landesversicherungsanstalt zur Verfügung gestellten außerhalb des umzäunten Heilstättengebietes gelegenen Gelände durch eine Berliner Brauerei ein großes Restaurations- und Hotelgebäude erbaut, das unter gewissen Bedingungen sofort in den Besitz der Landesversicherungsanstalt Berlin überging. Das Gebäude, das den Besuchern der Patienten bei schlechtem Wetter Unterkunftsmöglichkeiten gewähren soll, enthält zugleich zwei Verkaufsläden.“
So wird das Gästehaus in der Denkschrift von 1927 beschrieben.
Direkt, südlich des Bahnhofes gelegen, erreichten die Besucher ab 1911 die neue Einrichtung. Der angrenzende Biergarten diente bei schönem Wetter als Treffpunkt. Die aus Berlin Anreisenden mussten nur aus dem Zug aussteigen und fielen direkt ins „Berliner Kindl“. Auch die Insassen der Lungenheilstätte nördlich der Bahn durften mit Genehmigung des Arztes die Gaststätte alle zwei Wochen an den Sonntagen besuchen. Es fanden Versammlungen und Vorträge statt. Während des Faschings lud der Wirt in der Beelitzer Zeitung zum Kostümfest. Das Berliner Kindl war als Gaststätte bei den Besuchern und Patienten sehr beliebt. „Wenn ihr am Sonntag kommt, fahrt mit dem ersten Zug, um halb eins sitzen wir im Berliner Kindl, “ schrieb eine Patientin nach Hause. In den letzten Kriegstagen und danach diente es als Unterkunft für Vertriebene, mit der Übernahme der roten Armee als Wohngebäude.
Ein Schneidermeister aus Brück nähte für die Bevölkerung, und im Erdgeschoss wurde noch bis 1991 ein Friseursalon betrieben. Bei der Gebäudebestandsaufnahme im März 1992 wurde vermerkt, dass das Haus einen sehr abgenutzten und verwohnten Eindruck macht, die Dacheindeckung aber ohne größere Schäden und nur sehr wenige Ziegeln fehlen. Nach dem Abzug der Truppen stand es leer und verfiel zusehends. Noch vor einigen Jahren hätte man sich nicht vorstellen können, dass es möglich sei, diese Ruine wieder bewohnbar zu machen. Nun ziehen die ersten Mieter ein und die entstandenen siebzehn Wohnungen werden in den nächsten Wochen alle belebt.
Irene Krause